Newsletter 01/2020: Fachexkurs zu Sprache und Selbstwirksamkeit

Das Erleben von Selbstwirksamkeit wirkt sich positiv auf die Lernmotivation aus. Dies trifft natürlich auch auf das Sprachlernen zu. Für viele sprachliche oder kommunikative Anforderungen benötigen Kinder eine gewisse Portion Mut. Zum Beispiel, wenn es darum geht, eigene Ideen während einer Bilderbuchbetrachtung mitzuteilen, sich an einem Gespräch beim Mittagessen zu beteiligen oder seine Bedürfnisse zu kommunizieren.

 

 Viele Strategien der alltagsintegrierten Sprachbildung, wie beispielsweise das Stellen offener Fragen, zielen darauf ab, Kinder zum Sprechen anzuregen. Auch eine positive Selbstwirksamkeit kann dies unterstützen. Denn durch sie trauen Kinder es sich eher zu, sich mitzuteilen und haben Lust, zu kommunizieren. Sie fühlen sich gestärkt, auch schwierige kommunikative Anforderungen anzunehmen und dran zu bleiben. Zum Beispiel, nochmal etwas klarzustellen, wenn sie etwas Erlebtes erzählen wollen, der Gesprächspartner es aber zuerst nicht richtig versteht.

 

Für die Ausbildung dieser kommunikativen Selbstwirksamkeit ist es auch hier wichtig, dass Kinder eigene, stärkende Erfahrungen machen. Durch eine wertschätzende, abwartende Haltung und verschiedene Dialoggelegenheiten werden dem Kind die Möglichkeit und der Raum gegeben, sich auszudrücken. Es fühlt sich sprachlich wirksam, wenn das Gesagte oder nonverbal Kommunizierte einen Effekt hat und eine Reaktion auslöst.

 

Indem man die kindlichen Äußerungen wahrnimmt und anerkennend reagiert, signalisiert man dem Kind, dass es etwas zu sagen hat und dass das, was es mitteilt, interessant ist. Dies stärkt die Sprechfreude und wirkt dialogfördernd. Mit manchen Wörtern lässt sich die Macht der Sprache besonders gut erleben. Mit einem „Nein“ kann das Kind zum Beispiel bewirken, dass ein Spielpartner aufhört, oder dass es nicht noch eine Portion zu Essen bekommt. So hat es sich in seinem Sprachhandeln als wirksam erlebt und hat weiterhin Lust, die Sprache zu entdecken und zu verwenden.

 

Das korrektive Feedback als Sprachlehrstrategie eignet sich gut, um die sprachliche Selbstwirksamkeit zu unterstützen. Angenommen ein Kind sagt während einer Bilderbuchbetrachtung: „Da ist das Bär!“. Wenn man statt „Das heißt eigentlich der Bär!“ antwortet: „Stimmt, da ist der Bär!“, hat das Kind nicht das Gefühl: Ich kann das nicht richtig sagen, ich sag lieber nichts mehr, sondern merkt, dass seine Aussage inhaltlich vom Gegenüber wahrgenommen wurde.

 

Bei Kindern, die Schwierigkeiten mit dem Spracherwerb haben, oder noch nicht viel Kontakt zur Umgebungssprache hatten, passiert es oft, dass sie sich (sprachlich) zurückziehen. Dies kann darin begründet sein, dass das Kind wenige Erfolgserlebnisse in der Kommunikation sammelt oder erlebt hat. Das, was das Kind beabsichtigt oder äußern möchte, kann noch nicht „rübergebracht“ werden. Dieser Rückzug führt dazu, dass sich noch weniger sprachliche Lerngelegenheiten ergeben. In diesem Fall ist es wichtig, besonders diesen Kindern Raum zu geben, kommunikative Erfolgserlebnisse zu sammeln, in denen sie merken, dass sie mit ihren (nonverbalen) Äußerungen etwas erreichen können. Dabei kann auch ein Blick als eine kommunikative Absicht interpretiert werden, z. B. im Sinne von „Schau mal, was ich hier mache!“ oder als eine Einladung zum Spielen.